Essay von Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth

Mein inniger Wunsch ist Frieden zwischen den Menschen

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser

 

in vielen Geschäftsberichten der Vergangenheit habe ich das jeweils abgelaufene Jahr kommentiert. Die rechten Worte zum Geschäftsjahr 2024 zu finden und die zugehörige Weltlage zu kommentieren, fiel mir nie so schwer wie dieses Mal.

 

Einerseits dürfen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich dankbar sein, dass das abgelaufene Jahr mit fast gleichem Umsatz wie 2023 recht versöhnlich beendet werden konnte, wobei wir allerdings einen Rückgang des Betriebsergebnisses um 35,4 Prozent in Kauf nehmen mussten. Immerhin haben die Eigenmittel im Konzern im Geschäftsjahr 2024 um mehr als 400 Millionen Euro zugenommen.

 

Dies ist meiner Meinung nach ein respektables Resultat und ich möchte schon zu Anfang dieses Beitrags unseren Kundinnen und Kunden in aller Welt, genauso wie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich danken: Den Kunden für ihre teilweise über jahrzehntelange Treue und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren unermüdlichen Einsatz, Würth als Dienstleister im wahren Sinn zugunsten unserer Kundschaft zu präsentieren.

 

Andererseits, wenden wir den Blick auf Politik und Wirtschaft ganz allgemein, dann geht die Menschheit mit sorgenvollem Blick in das neue Jahr: Was wird es bringen? Politik und Wirtschaft sind nicht zu trennen: Zum Zeitpunkt des Verfassens meines Textes am 14. Januar 2025 steht die Inauguration von Donald Trump zum Präsidenten der USA kurz bevor, in Deutschland haben wir im Februar 2025 vorgezogene Bundestags-Neuwahlen. Die Kriege in Nahost und in der Ukraine sind mit aller Härte im Gang, und die Frage ist, wohin sich das Schicksal wendet: Werden wir Präsident Trumps Ansage, den Krieg in der Ukraine innerhalb kurzer Zeit zu beenden, erfüllt sehen oder verschärft sich die Zweiteilung der Welt in die großen Blöcke USA versus China/Russland/Iran?

 

In Deutschland ist die Stimmung der Bürger infolge der wirtschaftlichen Rezession auf einem Tiefstand. Man braucht nicht einmal Immanuel Kants kategorischen Imperativ zu bemühen, um festzustellen, wie eine Mischung aus Nachrichten, Fake News, Propaganda und sogar Lügenmärchen die Stimmung und das Wahlverhalten vieler Bürger beeinflusst.

 

Mein inniger Wunsch ist, dass wieder Frieden zwischen den Menschen ist, dass jeder vernünftige Mensch seinen gesunden Menschenverstand behält und nicht nur die Negativismen sieht, sondern vor allem darüber nachdenkt, was in den 75 Jahren Bundesrepublik Deutschland von unseren Eltern und Großeltern erschaffen wurde und entstanden ist.

 

Ich selbst – im 90. Lebensjahr – überblicke die ganze Periode und weiß, wie in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg das ganze Land von einer hoch optimistischen Aufbruchstimmung geprägt war:

 

Es wurde gearbeitet, ja geschuftet, um die zerstörten Städte wieder aufzubauen, Straßen und Autobahnen wurden konzipiert und jeder Mann und jede Frau war dankbar für die neu erlangte demokratische Freiheit. Gerne folgte man, ohne darüber nachzudenken, dem Kant’schen Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Die Väter des deutschen Grundgesetzes folgten genau diesem Tenor. Der Volksmund sagt es viel einfacher: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“

 

Und heute? Vergleiche ich die Stimmung der 50er- und 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts mit der heutigen, dann kann man nur staunen. Damals Aufbruchstimmung, Positivismen jeder Art und heute genau das Gegenteil – Negativismen jeder Art und gegenseitige Anfeindungen: nicht nur Angriffe mit Rasierschaumtorten ins Gesicht des FDP-Vorsitzenden Lindner, sondern auch Angriffe auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit Toten und Angriffe auf Mitmenschen anderer Ethnien, mehr Lohn, weniger Arbeit. Es ist ein allgemeiner Trend politisch nach rechts zu erkennen: Nörgelei, Hetze und Verbreitung apokalyptischer Zukunftsgedanken. WELCHER UNTERSCHIED IN DER VOLKSSTIMMUNG.

 

Dabei wollen wir nicht vergessen, dass Deutschland zu den wohlhabendsten Ländern der Welt gehört, mit die wenigsten Wochenarbeitsstunden hat, dafür aber einen unglaublich hohen Krankenstand. Der Chef von Mercedes Benz berichtet, dass in seinen deutschen Werken die Mitarbeiter doppelt so oft krank sind wie in den ausländischen Betrieben. Warum wohl?

 

Vor Jahren hat das Schweizer Volk eine Volksabstimmung abgehalten zum Thema, ob die Bürger weniger arbeiten wollen pro Woche?! Man höre und staune, die Schweizer Bürger haben in der Abstimmung GEGEN die Verkürzung der Arbeitszeit gestimmt. In neuerer Zeit gab es eine Volksabstimmung in der Schweiz zur Frage, ob man die Jahresurlaubszeit von vier auf sechs Wochen erhöhen solle. Auch hier: Das Volk hat die Verlängerung der Urlaubszeit abgelehnt. Man frage sich, wie solche Abstimmungen in Deutschland ausgegangen wären?? ☺

 

Deshalb meine Frage an die Bürger in Deutschland ganz allgemein: Erkennen wir unseren Arbeitsplatz als ein kostbares Gut und freuen uns, am Morgen mit Volldampf an die Arbeit gehen zu können? Haben wir Lust zu sehen, wie unser Unternehmen vorankommt, Erfolge einfährt, investiert, innoviert, renoviert und dass das Unternehmen (auch) eine Spaßveranstaltung ist?? Sehen wir unsere Berufsaufgaben als sinnvollen Teil unseres Lebenswegs, nicht nur zu unserem eigenen Nutzen, sondern auch, um die Volkswirtschaft in unserem jeweiligen Land mit voranzubringen?

 

Gelingt es uns, die Work-Life-Balance wohltemperiert auszuloten? Ich bin der Letzte, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überfordern würde. Man frage ruhig den Arzt oder in der Apotheke, ob bei Lustlosigkeit und Hassgefühlen nicht hilfreich sein könnte, seinen Arbeitsplatz als eine Lokation von Freude, Spaß und Optimismus mitzugestalten, um dadurch Depressionen und Psychosen in vielen Fällen schnell heilen zu können? ☺

 

Verehrte Leserinnen und Leser, sicher ein etwas ungewöhnlicher Beitrag – aber vielleicht darf ich zum Nachdenken anregen. Unser Volksmund ist so wunderbar klar. Jeder kennt die Aussage: „Müßiggang ist aller Laster Anfang!“

 

Jedenfalls wünsche ich Ihnen, verehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein gesegnetes Jahr 2025 und verbleibe in großer Dankbarkeit, verbunden mit Bescheidenheit und Demut.

 

Ihr

 

Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth

Ehrenvorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe

 

Grußwort von Benjamin Würth

Es ist wichtig, uns an unsere Wurzeln zu erinnern und gleichzeitig den Blick nach vorne zu richten.

Sehr geehrte Damen und Herren,

geschätzte Leserinnen und Leser,

 

mit großer Dankbarkeit und viel Motivation habe ich am 1. Januar 2025 die Position des Vorsitzenden des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe von meinem Großvater übernommen. Ich danke Ihnen allen für das mir entgegengebrachte Vertrauen und freue mich auf die neue Herausforderung.

 

Auch wenn wir uns aktuell in einer wirtschaftlich ungewissen Situation befinden, können wir uns darauf berufen, dass wir solide finanzielle Ergebnisse erzielt haben und auch im Jahr 2024 gemeinsam einige bedeutende Fortschritte erzielen und wichtige Projekte vorantreiben konnten. Zu verdanken haben wir dies unseren mehr als 88.000 Mitarbeitenden weltweit. Jeder einzelne von ihnen hat seinen entscheidenden Beitrag zum Erfolg geleistet. Meine Wertschätzung gilt aber auch unserer Kundschaft und allen Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern, die uns auch in diesen schwierigen Zeiten ihr Vertrauen geschenkt haben.

 

Das Jahr 2025 ist ein besonderes Jahr für die Würth-Gruppe, da wir unser 80-jähriges Bestehen feiern. Die Zahl 80 symbolisiert in vielen Kulturen Beständigkeit und Erfolg, und es ist ein Beweis für die harte Arbeit und das Engagement aller Beteiligten, dass wir dieses bedeutende Jubiläum erreichen konnten. Für mich persönlich ist 2025 auch ein ganz besonderes Highlight, da mein Großvater seinen 90. Geburtstag feiert. Er hat nicht nur die Würth-Gruppe zu dem gemacht, was sie heute ist, sondern er ist auch eine einzigartige Persönlichkeit. Er inspiriert mich und viele in seinem Umfeld immer wieder dazu, unser Bestes – und noch mehr – zu geben.

 

Diese besonderen Anlässe sollten wir alle gebührend feiern und uns ins Gedächtnis rufen, wie wichtig es ist, uns an unsere Wurzeln zu erinnern und gleichzeitig den Blick nach vorne zu richten. In diesem Sinne freue ich mich, gemeinsam mit Ihnen die Zukunft zu gestalten, und wünsche Ihnen eine gute Zeit!

 

Mit herzlichen Grüßen

 

Benjamin Würth

Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe

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